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Bundesverband der Verbraucherzentrale fordert Rückruf von Kinderwagen

Was bei Autos mit Sicherheitsproblemen gang und gäbe ist, muss auch für Kinderwagen, die gesundheitsschädliche Chemikalien enthalten gelten, fordert der vzbv.

26.09.2006 |Sonja Haider




PRESSEMITTEILUNGEN des Bundesverbands der Verbraucherzentralen:
Produktsicherheit: Gift im Kinderwagen

vzbv fordert Rückruf von Herstellern - EU muss Substanzen verbieten, für die es Alternativen gibt

27.09.2006 - Zwei Monate nachdem die Stiftung Warentest gesundheitsschädliche Stoffe in Kinderwagen gefunden hat, werden einige dieser Modelle immer noch verkauft. Der vzbv fordert die Hersteller auf, die Produkte umgehend vom Markt zu nehmen. vzbv-Vorstand Edda Müller: "Schädliche und gefährdende Stoffe haben in Verbraucherprodukten nichts zu suchen, schon gar nicht in Kinderwagen. Es sei höchste Zeit, gesetzliche Grenzwerte für den Einsatz gesundheitsschädlicher Schadstoffe in Verbraucherprodukten festzulegen und Stoffe generell zu verbieten, für die ungefährliche alternative Substanzen existieren.

Die Stiftung Warentest hatte in ihrer Juli-Ausgabe 15 Kinderwagen - sogenannte Buggys - unter die Lupe genommen. Das Ergebnis: Einige dieser Kinderwagen enthalten in den Griffen einen bedenklichen Chemiecocktail aus Weichmachern und polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK). Diese Stoffe sind fettlöslich und gelangen über Haut und Mund in den Organismus. Fast alle PAKs sind nachweislich krebserregend, Weichmacher können vor allem die spätere Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen. Ihr Einsatz ist unnötig, da es ungiftige Alternativen gibt.

Zwei Modelle musste die Stiftung Warentest deshalb mit "mangelhaft" bewerten: Den Buddy Buggy von Knorr und den Hauck 202432 Jet 6h-sports orange. Der vzbv hatte daraufhin die beiden fränkischen Hersteller und die Marktaufsicht schriftlich aufgefordert, die Modelle schnellstmöglich vom Markt zu nehmen: "Bei Fahrzeugen ist es selbstverständlich, dass bei Sicherheitsproblemen notfalls Hunderttausende Fahrzeuge zurückgerufen werden. Das darf bei Kinderwagen nicht anders sein".

Bisher haben die Hersteller nicht reagiert und ihre Waren zurückgerufen. Selbst große Handelsketten bringen die belasteten Produkte weiterhin in Umlauf. "Dass Kinderwagen mit Giftstoffen in den Handel gelangen, ist eine grobe Fahrlässigkeit. Dass Hersteller und Händler sie nach dem Testergebnis weiterhin verkaufen als sei nichts geschehen, ist ein Skandal", so die vzbv-Chefin.

Vorschriften am Arbeitsplatz, nicht aber im Konsumalltag PAK und gefährliche Weichmacher verstecken sich in vielen Verbraucherprodukten. Die Stiftung Warentest fand sie in den Griffen von Taschenlampen, Trekkingrädern und Heimwerkergeräten. Anders als am Arbeitsplatz und für die Luft, gibt es für die meisten Produkte im Handel keine gesetzlich festgelegten Grenzwerte für den Einsatz von Weichmachern und PAKs. Der vzbv ruft deshalb die EU-Kommission zum Handeln auf. "Gefährliche Chemikalien, für die strenge Vorschriften am Arbeitsplatz bestehen, haben in Verbraucherprodukten nichts zu suchen" so vzbv-Chefin Edda Müller.

Auch die geplante Chemikalien-Verordnung REACH wird dieses Problem nicht lösen, wenn die Hersteller nicht gesetzlich verpflichtet werden, gefährliche Chemikalien wenn immer möglich durch sichere Alternativen zu ersetzen (Substitutionsprinzip) und den Verbrauchern ausreichende Informationen über die verwendeten Stoffe zur Verfügung zu stellen. Der ursprüngliche Entwurf für das neue Gesetz wurde in den vergangenen Monaten von der Chemieindustrie systematisch zum Nachteil der Verbraucher aufgeweicht. Am 10. Oktober befasst sich der federführende Umweltausschuss des Europaparlaments mit der REACH-Verordnung. PAKs - schon seit den 20ern gelten sie als krebserregend.

Einige polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAKs) wie das Benzo(a)pyren gelten bereits seit langem als krebserzeugend, fortpflanzungs- und erbgutschädigend. PAKs sind schwer wasserlöslich und schwer biologisch abbaubar - sie sind aber in hohem Maße fettlöslich und werden daher leicht über die Haut aufgenommen, etwa über einen PAK-belasteten Kinderwagengriff. Sie werden über Nahrungsketten angereichert, weil sie sich Speicherung in Fett und Fettgewebe ansammeln.

Bereits die erste Berufskrankheitenverordnung (BKV) von 1925 enthielt in einer Liste von elf Krankheiten auch durch PAKs ausgelöste Hautkrebserkrankungen - die krebserzeugende Wirkung der PAKs ist also seit langem bekannt. Bei krebserzeugenden Stoffen lassen sich wissenschaftlich keine Höchstmengen festlegen, unter denen sie gesundheitlich unbedenklich sind. Für den gesundheitlichen Verbraucherschutz gilt deshalb hier das sogenannte Minimierungsgebot, das heißt die möglichst vollständige Vermeidung einer Schadstoffbelastung.